Castrop-Rauxel - An einem Wochenendtag früh aufstehen, eine Anreise im Winter bei Minusgraden auf sich nehmen und dann wegen Turnierplanänderungen auch noch stundenlang auf seinen Einsatz warten… Muss das wirklich sein?
„Ja!“ lautet die kurze aber deutliche Antwort des Großmeisters. „Denn das ist halt der Turnieralltag. Auch mit diesen weniger erfreulichen Dingen muss man lernen umzugehen, um am Ende die nötige Wettkampferfahrung gesammelt zu haben.“
Bei der 23. Internationalen Stadtmeisterschaft in Castrop-Rauxel reiste Pasa Baylan diesmal ausschließlich mit Gelb- und Gelbgrüngurten an, wohlwissend, dass seine noch am Anfang stehenden Schüler in Kategorien antreten müssen, bei der es lediglich eine Unterscheidung nach Gewichtsklasse gibt und wo es von erfahrenen Schwarzgurten nur so wimmelt.
Das stundenlange Warten wurde für seine mitgereisten Schüler gleich viel erträglicher, als sich der Cheftrainer kurzerhand vor Ort dazu entschloss am Formenlauf-Wettbewerb teilzunehmen. Sein Ziel war es lediglich den anwesenden Zuschauern den traditionellen Taekwondo-Stil näher zu bringen, und eine Hyong mit dynamischen und kraftvollen Techniken vorzuführen. Seine Darbietung erntete entsprechenden Applaus und brachte ihm ohne jegliche Vorbereitung dennoch den 2. Platz ein.
Ein besonderes Lob gebührt Germanias David Josiah (2. Dan Taekwon-Do), der während des gesamten Turniergeschehens, fast 9 Stunden lang nonstop als Kampfrichter agierte, ohne sich eine längere Pause zu gönnen.
Als es dann in der Kategorie Semikontakt Herren bis 75 kg endlich losging, sollte es gleich zu zwei Überraschungen kommen.
Marcel Bergmann startete für die Asiatischen Kampfsportfreunde Nordwalde und lieferte im Viertelfinale seinem Schwarzgurt-Gegner und späteren Finalisten einen ordentlichen Kampf. Doch musste er sich am Ende mit 0:2 geschlagen geben.
Der für Germania Mauritz angetretene Thai-Boxer Burak Akbaba hatte einen um 3 Stufen höher graduierten Taekwondoka und guten Techniker als Gegner. Allerdings bewies Akbaba in einem unterhaltsamen Kampf die nötige Kampfintelligenz, indem er seine Reichweite und Distanzabschätzung gut einzusetzen wusste. Am Ende hieß es sogar 4:1 für den 22jährigen und der Halbfinaleinzug war geschafft.
Sein Vereinskamerad Patrick Nünning, der erst vor 3 Monaten mit dem Thai-Box-Sport begonnen hatte, sollte für eine ähnliche Überraschung sorgen. In einem hart umkämpften Duell konnte Baylans Schützling zwar immer wieder punkten, doch gelang es seinem viel höher graduierten Kontrahenten aus Belgien kurz danach gleich zu ziehen. Kurz vor Ablauf der 2 Minuten Kampfzeit geriet Nünning sogar noch in Rückstand aber in den letzten Sekunden war der Gleichstand wiederhergestellt. 4:4. Verlängerung !
In den nächsten spannenden 60 Sekunden konnte sich dann Germanias Thai-Boxer aber letztendlich mit einem verdienten 7:5-Ergebnis gegen den Karateka durchsetzen. Der Einzug ins Halbfinale war auch für ihn erreicht.
In den beiden Halbfinalbegegnungen bekamen beide allerdings die harte Konkurrenz des Turniers zu spüren, denn jeweils einen Schwarzgurt-Träger und damit Meister seiner Disziplin galt es zu besiegen, um weiterzukommen. Dafür reichte es am Ende zwar nicht, doch konnten beide mit dem dritten Platz jeweils einen Pokal mit nach Hause nehmen.
Im Leichtkontakt bei den Damen bis 70 kg zeigte Jasmin Besseling (AKF Nordwalde) Durchhaltevermögen und Nehmerqualitäten als Sie ebenfalls gegen eine Schwarzgurt-Trägerin antreten musste. Viel besser verlief die zweite Endrunden-Begegnung bei der sie einen gleichwertigen Kampf ablieferte aber laut Schiedsrichterwertung auf Platz 3 verwiesen wurde.
Bedenkt man, dass das ursprüngliche Ziel nur das Sammeln von Erfahrungen war, sind drei 3. Plätze bei der ersten Wettkampfteilnahme schon mal ein guter Anfang. Das nächste Turnier kann also kommen…
VON TONI MORAIS